Mittwoch, 29. Juli 2009

Endlich Internet!

Endlich nach langer, langer Wartezeit habe ich endlich wieder Internet! Netz! Freier Zugang zur Welt da draußen und auch die Möglichkeit, meine Wochenendausflüge zu planen und evtl. schon zu buchen (ist bei Jugendherbergen ungeheuer praktisch, wenn ich mal über Nacht bleiben muss - Christian, du weißt ja bestimmt noch, was das damals für ein Zittern war, ob in der angesteuerten Jugendherberge noch ein Platz frei war, bevor wir online reservieren konnten).
Ich fang auch mal wieder der Reihe nach an, was sich so ereignet hat und was noch passieren wird.
Die Station:
Ist echt goldich... im gesamten Krankenhaus gibt es 1000 Betten, davon entfallen 20 auf die Infection Unit. Aber immerhin gibt es hier drei Consultants (in etwa Chefarzt), dann noch eine Registrar (Oberärztin), eine SHO (Senior House Officer: Stationsärztin) und einen FY1 (Foundation Year 1: Assistenzarzt im ersten Jahr, entspricht auch etwa dem irischen Intern, die es hier nicht gibt). Bei Infection Unit denken die meisten bestimmt sofort an die Schweinegrippe - und hier werden einzelne freie Zimmer auch immer für Verdachtsfälle reserviert, aber in dieser Woche gabs keinen einzigen Fall. Am Montag hat sich ein Verdachtsfall als banale Lungenentzündung entpuppt und heute kam wieder ein neuer Verdachtsfall - Ergebnis steht noch aus. Am meisten gibt es im Moment Durchfall und blutiger Durchfall (angeblich Campylobacter) vereinzelt Lungenentzündungen, zwei Patienten mit HIV und aktuellen Problemen damit (die darf ich nicht anfassen, weil die Versicherung hier Studenten nicht deckt, die mit solchen Patienten arbeiten, alles Sache der fertigen Ärzte) und noch so alles mögliche Infektiöse. Bis auf zwei Zimmern, in denen je drei Betten stehen sind aich alles Einzelzimmer - es herrscht ja potentiell Infektionsgefahr.
Die tägliche Arbeit der Ärzte hier ist natürlich ganz ähnlich wie bei uns. Morgens kurze Besprechung der wichtigsten Patienten, danach Visite (geht schnell und dauert keine 10h wie in Irland) und danach werden Untersuchungen veranlasst, Ergebnisse ausgewertet, was man eben so macht. Ich muss dann sehen, dass ich irgendetwas machen kann, sei es, dass ich mir Patienten schnappe und mich in englischer Anamnese versuche, oder vielleicht kann ich auch nach Röntgenbildern schauen, Blut abnehmen oder so kleine Dinge erledigen.
Aktuell sind diese Woche auch drei Studenten aus Aberdeen auf der Station, nächste Woche kommen wohl neue. Wir haben auch mal kurz das System verglichen, wie das Studium aufgebaut ist: in Aberdeen studieren die nur fünf Jahre und keine sechs bis sieben. Was bei uns Vorklinik ist und zwei Jahre dauert, machen die verkürzt in einem Jahr und ab dem zweiten Jahr werden die Studenten immer mehr auf Stationen eingesetzt, bis sie im fünften Jahr komplett nur noch auf Station unterwegs sind. Danach kommt noch eine Prüfung und dan sind sie auch schon Ärzte. Aber wie es aussieht lernen sie hier so ausgiebig klinische Fähigkeiten, dass die akademischen etwas auf der Strecke bleiben. So hat sich das zumindest für mich angehört. Über die Entstehung der Krankheitsbilder und bestimmte Zusammenhänge lernen sie recht wenig. Hier werden die Krankheiten von vorneherein über die Symptome gelernt.
Das soweit zum klinischen Alltag. Wie es dann noch weitergeht, erzähl ich dann so im Laufe der Zeit.
Mittlerweile habe ich auch alle meine Mitbewohner getroffen. Hoff kommt aus Edinburgh und hat sein erstes Jahr Architektur hier absolviert (hier wird das Studium in Jahren, nicht in Semestern gerechnet). Im Moment sind gerade Semesterferien und er ist jeden Tag arbeiten. Paris ist Grieche und studiert Meeresbiologie. Er ist gerade im vierten Jahr. Gestern Abend hätte ich ihn allerdings kurzzeitig erwürgen können. Nachts um kurz vor zwölf (zumindest gefühlt, ich lag schon im Bett) gehen die Türen ständig geräuschvoll auf und zu und der Staubsauger wird angeworfen, um das Zimmer zu saugen! Zumindest hab ich gedacht, es wäre er, weil die Geräusche immer vom Nachbarzimmer kamen. Michael ist der letzte im Bunde. Was er macht weiß ich nicht, er hat noch keinen Ton darüber verloren und mich auch nicht gefragt, was ich mache. Gestern ging es nur einmal über ein flüchtiges Hallo hinaus, weil er ratlos in der Küche gestanden hat und mich gefragt hat, ob ich wüßte, wie man Salat macht - dabei wollte ich nur meine Weintrauben waschen... Wie sich rausgestellt hat, hat er bei Lidl Salat gekauft, hat aber gedacht, er sei schon gebrauchsfertig. Und plötzlich hat er einen kompletten Kopfsalat in der Hand. Kann ja passieren, oder? Ich hab im dann erst mal gesagt, dass man den mit kaltem Wasser wäscht und hab anschließend etwas Öl und Essig drüber geworfen und dann gemeint, das wären die Basics. Salz und anderen Kram kann er sich jetzt noch raussuchen, je nachdem, was er möchte. Und er war mir dermaßen dankbar, das glaubt man nicht. Wenn ich nicht zufällig gekommen wäre, hätte er den Salat erst mal gekocht, weil er damit nichts anzufangen wußte... genau das hat er gesagt.
Und dann plane ich natürlich schon den ersten Ausflug fürs Wochenende. Da gehts dann erstmal nach Inverness. Das ist auf der Karte gleich rechts neben Loch Ness und mitt durch fließt der River Ness. Die SHO von der Station meinte, dass sie und noch ein paar am Freitag Abend schon nach Inverness fahren und mich dann mitnehmen könnten, dann würde ich mir die Zugfahrt sparen. Sie fahren erst wieder am Sonntag zurück, aber ich denke, ich werde schon Samstag Abend nach Aberdeen zurück kommen. Oder mal sehen, was man in Inverness alles machen kann. Zum Beispiel starten hier Bootsfahrten nach Loch Ness und im Moment sind da anscheinend verschiedene Märkte geöffnet - die üblichen Touri-Attraktionen eben, was ja nicht heißen muss, dass es schlecht wäre. Mal sehen, was ich alles mache, ich muss mich auf jeden Fall auch um eine Jugendherberge da kümmern, die sind verhältnismäßig günstig und bei Ausflügen über weite Distanzen lohnt es sich ja.
Und bevor ich es vergesse: Das Wegproblem in die Klinik hat sich dahingehend gelöst, dass ich jeden Morgen hin laufe und abends das ganze zurück marschiere. Busfahren lohnt sich nicht, weil die Busse nicht passend fahren und ich auch erstmal zwanzig Minuten zur ersten Haltestelle unterwegs bin. Mittlerweile brauch ich nur noch 45min bis zum Gelände und danach viel Glück, die Station zu finden. Das Krankenhaus ist echt verwinkelt gebaut...

Sonntag, 26. Juli 2009

Bin da! Das war ja einfach - bis jetzt...

So, hier ist also mein erster Eintrag in meinen Blog! Premiere! Nachdem ich gestern gut in Aberdeen angekommen bin und auch gleich mein Zimmer bekommen habe, wurde ich bei der Frage nach Internetzugang einfach auf die Dame an der Rezeption verwiesen - ich bin ja kein Student aus Aberdeen - die ab Montag wieder da sei. Ich hab mir gleich mal die Oeffnungszeiten angeschaut: Mon-Wed 8am to 5pm. Da werde ich vermutlich noch im Krankenhaus sitzen oder evtl. gerade auf dem Rueckweg sein. Aber seis drum, es wird schon irgendwie klappen. Ich hab kein Internet und schreibe trotzdem in den Blog, wie soll das jetzt funktionieren? Keine Panik, ich bin noch kein Hacker, der sich in das sicherheitsaktivierte Uni-Netz einklinkt. Ich sitze hier gerade im Tourist Information Centre im Stadtzentrum und habe mich noch wegen diversen Busverbindungen in Richtung Krankenhaus erkundigt. Klang erst mal verwirrend, aber die freundlichen Damen haben nur gemeint, das klinge verwirrender als es tatsaechlich sei. Ich bin mal gespannt...
Jetzt aber erst mal der Reihe nach. Ich hab noch 31min Internetzugriff, genug Zeit also, meine bisherige Reise ausgiebigst zu beschreiben. War ja noch nicht so viel... alles hat ganz harmlos angefangen am Frankfurter Flughafen. Das Gepaeck hatte abgezaehlte 20,2kg und nachdem der Selbstbedienungsapparat fuer im Internet gekaufte Tickets mich nicht gekannt hat und mein Name auch nicht auf der Liste von dem menschen stand, der die ganze Zeit da rum ist, um den Leuten zu helfen, musste ich noch manuell von der Hollaenderin am Schalter meinen Flugschein bekommen. Richtig gehoert: von einer Hollaenderin. Das war eine hollaendische Fluggesellschaft mit Zwischenstop in Holland, bevor es mit besagter hollaendischen Fluglinie weiter nach Aberdeen ging. Ich hatte zwar zwischendurch Panik, mein Gepaeck wuerde nach Timbuktu verschifft werden, aber es kam gleichzeitig mit mir in Aberdeen an. Ich bin echt begeistert! Moderne Logistik funktioniert! In den drei Stunden Amsterdam-Wartezeit ist nichts passiert... zwischendurch kam mir mal eine Passagierin mit Mundschutz entgegen gelaufen, aber so Leute werde ich ja wohl hoffentlich in Zukunft etwas oefter sehen... Wozu bin ich den sonst fuenf Wochen auf der Infektionsstation? Wie gesagt, in Aberdeen inklusive Gepaeck gut angekommen musste ich ja irgendwie weiter zu meiner Unterkunft, zu diesem Studentenwohnheim. Wer mal auf der Karte nachsehen will, in Aberdeen gibt es einen Seaton-Park und noerdlich davon ist ein Fluss. Und zwischen Fluss und Seaton-Park liegt mein Studentenwohnheim. Mitten in Old-Aberdeen. Vom Flughafen aus gingen keine Busse, oder zumindest dermassen unregelmaessig, dass ich mich nicht drauf verlassen wollte und bin halt mit dem Taxi da runter gefahren. Und wie schon gesagt, es lief alles glatt danach. Ich hab mein Zimmer in einer 6er-WG in einem fuer meine Begriffe typischen Studentenwohnheim. Die Kueche ist einigermassen versifft - wie es sich gehoert - und die Zimmer sind zwar klein, aber uebersichtlich eingerichtet mit Tisch, Bett, Schrank und Wandregal. Aktuell sind wir zu viert in dieser WG, die anderen Zimmer sind leer und werden es wohl auch bleiben. Den ersten Mitbewohner (Hoff), habe ich gestern noch getroffen und den zweiten (Michael) habe ich heute Mittag gesehen. Nummer drei habe ich gestern nur telefonieren gehoert, aber die scheinen ein eher voneinander isoliertes Leben zu fuehren. Naja, ich will die nicht aus ihrem Trott bringen - auch deswegen, weil ich von Hoff nur die Haelfte verstehe, von dem, was er sagt. Der nuschelt Englisch so wie ich Deutsch...
Und gestern musste ich mich dann noch aufmachen, um die Grundversorgung mit Essen und Trinken zu sichern. Was muss also her? Ein Supermarkt! Ich habe auf meinen Streifzuegen durchs Wohnheim auch tatsaechlich einen Studenten mit vollen Einkaufstueten gefunden und der hat mir dann erklaert, dass es hier in der Naehe keinen Supermarkt gebe, aber etwas aehnliches. Nachdem er mir dann drei Mal den Weg erklaert hat (einmal haette es auch getan) hat er mit der Sprache rausgerueckt: Das Ding heisst "LIDL"... muss man dazu noch was sagen? Ich bin ueber zwei Flugstunden von zu Hause weg und finde hier in nicht einmal zehn Minuten Entfernung einen LIDL - es gibt einen Gott! Das erklaert dann auch die LIDL-Tuete, die ich bei uns in der Kueche gefunden habe. Zu dem Zeitpunkt habe ich Hoff noch nicht gekannt.
Danach hab ich mich dann gleich an das naechste Problem gemacht, das Krankenhaus. Wo ist es, wie komm ich da hin und kann man das bedenkenlos jeden Morgen laufen. Um gleich die Spannung rauszunehmen, lautet die Antwort auf die letzte Frage: Wenn ich fuer den einfachen Weg eine knappe Stunde laufen will, dann ist das kein Problem. Ob ich wirklich so motiviert bin, haengt noch davon ab, was die mir bieten. Deswegen sitze ich naemlich gerade hier im Information Centre und habe mir die Info besorgt. Mal sehen, was ich jetzt mache - Bus oder laufen - weil die Bushaltestelle auf halbem Weg zum Krankenhaus liegt... spaetestens naechsates Wochenende kann ich euch sagen, fuer was ich mich entschieden habe.
Sonst hab ich eigentlich noch nicht viel gemacht hier. Ich bin nur heute mal quer durch Aberdeen gelaufen und hab mir das Stadtzentrum angesehen. Ein ganz normales Stadtzentrum eben mit allem was dazu gehoert. Immerhin weiss ich jetzt, wo das Kino und der Starbucks ist, ich hab die naechsten geldautomaten gefunden und ich weiss jetzt, wo ich mir DVDs kaufen kann - was brauch ich mehr? Internet zu Hause waer schon gut, ich will nicht immer eine Stunde ins Stadtzentrum laufen, um meine Mails zu sehen...
So, aber gerade blinkt auch die Zeit, hab nur noch drei Minuten. Also dann, bald gibt es mehr zu lesen und auch die ersten Eindruecke aus dem Krankenhaus!